USA - Califonia, here we come…

Kalifornien!

Da denke ich an sonnengereifte Früchte, riesige Weingüter und Mammutbaumwälder. Endlich wieder Schatten nach einigen Wochen Hitze und Wüste. Endlich wieder Grün. Vielleicht auch endlich wieder etwas Abkühlung.

Wir fahren also über die Grenze von Nevada nach Kalifornien und die Landschaft ändert sich … nicht. Zwei weitere Tage durchqueren wir das südliche Kalifornien und seine sanften aber felsigen Hügel, nur ab und zu ziehen kleine Sträucher und einige Joshuatrees an der Windschutzscheibe vorüber. Keine Obstplantagen, keine dichten Wälder.

Am dritten Tag dann - fast unvermittelt - werden die grünen Sträucher zahlreicher und dichter, die ersten Bäume säumen den Straßenrand. Und da: das erste Weingut! Als wir eine Bergkette passieren, sehen wir plötzlich blauen Himmel bis zu einem waagrechten Horizont und darunter ein noch tieferes Blau! Wir fahren auf den Pazifik zu. In unserem gemieteten, klapprigen & grünen Campervan haben wir die Durchquerung der USA vom Atlantik zum Pazifik vollendet. Auf einmal hebt sich meine Stimmung - ich werde versöhnlich, was meine Gefühle dem defekten Land Cruiser gegenüber angehen. Da dieser erst in einigen Tagen in Stockton, nahe San Francisco, ankommen wird, beschließen wir, den längeren aber schöneren Weg entlang der Küste (Highway 1) zu nehmen. Nach der rauen Wüstenlandschaft der vergangenen Wochen erscheint uns die Küste hier trotz steifer Briese einfach nur lieblich und freundlich.

Übernachtungsplätze zu finden ist dagegen wieder etwas spannender… die raren Campingplätze müssen online über die App recreation.gov und mindestens zwei Tage im Voraus reserviert werden. Allerdings lernen wir schnell, dass entlang des Highway 1 auf Parkbuchten übernachtet werden darf, wenn es nicht explizit durch Schilder untersagt ist. Wir sind also in guter Gesellschaft.

Am darauf folgenden Tag biegen wir nach einem Badestop wieder auf den Highway 1 ab – er windet sich mittlerweile in Richtung Big Sur an steileren Küstenabschnitten entlang. Ich bin erstaunt, wie schnell die anderen Verkehrsteilnehmer hier entlang brausen und frage Björn, ob er ein Geschwindigkeitsbegrenzungsschild gesehen hätte. Nein, hat er nicht. Diese Fahrweise der Amis ist doch lebensgefährlich! Ich will mich eben über die Rücksichtslosigkeit der Amerikaner beschweren, da hören wir hinter uns Sirenen aufheulen. Polizei. Und sie überholen nicht, trotz freier Sicht. Die meinen doch nicht etwa uns? “Fahr besser mal rechts ran!” erklingt eine vernehmlich nervöse Stimme neben mir. Ok. Die nächste Parkbucht ist meine. Das Polizeifahrzeug hält tatsächlich hinter mir und ein Beamter steigt aus. Ich bleibe brav sitzen, wie ich es aus amerikanischen Filmen gelernt habe, die Hände am Lenkrad… hm, wie lasse ich jetzt das Fenster herunter? Also doch kurz das Lenkrad loslassen….

“Do you know why I‘m stopping you?” …Nein, weiß ich nicht. Das hier sei ein Highway und die Geschwindigkeitsbegrenzung liege bei 55 Meilen/Stunde, ich wäre aber gerade mal 30 Meilen gefahren. Das sei zu langsam und veranlasse andere Verkehrsteilnehmer zu unberechenbaren Überholmanövern. Hier wäre jedoch ein Überholverbot. Aha… Ich bräuchte nicht genau 55 Mph fahren, aber 50 sollten es schon sein… oooook. Ich entschuldige mich und verspreche Besserung… mir steht jetzt schon der Schweiß auf der Stirn bei dem Gedanken, die weitere Strecke in der gleichen Weise entlang rasen zu müssen, wie all die anderen…

Björn grinst und kann sich einen mit Schadenfreude geprägten Kommentar nicht verkneifen… das ist leider zu viel für mich und die Anspannung der letzten Zeit entlädt sich auf einen Schlag. Ich spüre meine heißen Wangen und einen Pulsschlag bis zu den Schläfen… mit 55 Meilen/Stunde zu fahren ist plötzlich kein Problem mehr! Ich halte dennoch mit quietschenden Reifen an der nächsten Parkbucht! Es folgt leider eine unschöne -und dummerweise auch mehrtägige- Eskalation, auf die ich nicht stolz bin. Nach einem langen Spaziergang am Meer (alleine!) erkenne ich schlussendlich, dass die Situation eben ist wie sie ist und es weder mich - noch uns beide - auch nur einen Schritt weiter bringt, dem anderen die Schuld zuzuweisen. Noch dazu, weil wir uns gemeinsam für Kauf und Ausbau des Toyota entschieden haben, es war immer auch meine Entscheidung. Genauso, ihm in Stockton bei Valley Hybrids noch eine Chance auf Reparatur zu geben. So können wir den Rest der Küstenstraße doch noch genießen … Am Big Sur setzen Verkehrsschilder die Höchstgeschwindigkeit dann auch noch auf 45 Mph herunter… Meine Welt ist wieder in den Angeln.


Bevor wir Stockton erreichen, müssen wir uns noch von unserem treuen grünen Gefährten verabschieden und gegen einen neuen Mietwagen tauschen. In Erwartung, diesen zweiten Wagen nur einige Tage nutzen zu müssen, bis der Blaue repariert ist, haben wir einen Kleinwagen für eine Woche reserviert. Als wir bei Hertz ankommen, ist der Hof leer, kein Auto verfügbar. Wir sollen in einer Stunde wiederkommen. Wir machen das, es ist aber noch ein längeres Hin und Her, bis wir schlussendlich tatsächlich einen neuen fahrbaren Untersatz bekommen. Unsere Pläne für den Tag sind natürlich auch überfällig, wir benötigen noch eine Schlafmöglichkeit in Hayward, da die Abgabe des Campervans heute nicht hat mehr möglich ist.

Wieder einmal merke ich, dass ich immer noch irgendwie zu deutsch denke. Ich könnte platzen, wenn mich eine Hertz-Mitarbeiterin abkanzelt mit den Worten “I have no idea, I just arrived 10 Minutes ago.” Und damit ist für sie die Sache erledigt. Kein: “Entschuldigung, ich bin eben erst gekommen, um was geht es?” Kein: “Moment, ich kümmere mich darum.” Kein: “Ich suche jemanden, der helfen kann”. Einfach nur ein: “I Have. No. idea.”

Muss ich erwähnen, wie die Reaktion der Dame war, als ich sie bat, jemanden zu holen, der kompetent ist und uns helfen kann?

Naja, ihre lautstarke Kommunikation hat wenigstens ihren Supervisor aus seinem Büro geholt. Wir wurden schließlich auf ein schneeweißes Mustang Cabrio ‚ge-upgrated‘. Der Supervisor überbrachte uns diese Nachricht mit einem Gesichtsausdruck als hätte er im Lotto gewonnen. Uns dagegen gefror das Lächeln im Gesicht bei dem Gedanken, wie wir unsere Campingausrüstung, die noch im Grünen verweilte, wohl in den 2+2 Sitzer mit knappem Kofferraum hineinstopfen sollten… egal, wird irgendwie gehen. Wir fahren mit beiden Fahrzeugen an einen möglichst abgelegenen Parkplatz und beginnen unsere Umpack-Aktion…

In Stockton angekommen, besuchen wir als erstes unseren Blauen und sind erleichtert, er scheint in guten Händen zu sein. In einigen Tagen wird die Werkstatt mit den Arbeiten beginnen, auch der aus Deutschland bestellte Kabelbaum kommt laut Sendungsverfolgung bald an.

Wir dürfen einige Tage in Stockton bei den Besitzern der Werkstatt übernachten in denen Björn noch offene Fragen mit der Werkstatt klärt, ehe wir uns San Francisco anschauen und danach eine Woche an den Lake Tahoe fahren. Beide Ziele sind wie gemacht für unseren Mustang. Wir fahren so oft es geht offen. Und das, obwohl ich eigentlich Cabriofahren nicht mag: Entweder ist mir die Luft zu kalt oder es fliegen zu viele Pollen durch die Gegend oder die Sonne brennt mir auf den Kopf… naja, face the changes. ;-)

Nach unserem Stadtsightseeing durchqueren wir Kalifornien wieder in Richtung Nevada. Der Lake Tahoe liegt auf der Grenze der beiden Bundesstaaten und ist unser nächstes Ziel. Das Gebiet ist im Sommer ein beliebtes Wander- und Wassersportgebiet, im Winter kann man hier Skifahren. In Tahoe City angekommen, checken wir in einem Ferienhaus-Park ein. Als wir die uns zugewiesene Ferienwohnung betreten, stehen hier schon zwei geöffnete Koffer im Flur und es dringt Musik aus dem Wohnzimmer. Mit kreideweißem Gesicht ziehe ich die Tür wieder vor mir zu. So geräuschlos wie möglich…. Die Bewohner müssen doch zu Tode erschrecken, wenn plötzlich am späten Abend zwei fremde Deutsche in ihrem Fernsehzimmer auftauchen.

Zurück an der Rezeption erwischen wir den Resortmitarbeiter 10 Minuten vor seinem Feierabend. Hups, die Ferienwohnung war noch bewohnt? Hmmm… Ok. wir bekommen die Wohnung darüber. Wir bestehen darauf, dass er uns beim Bezug dieser Wohnung begleitet… man weiß ja nie…

Wie sich herausstellt, wurden wir das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit “ge-upgradet”. Wir haben jetzt 2 Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit Kamin und eine voll ausgestattete Küche sowie einen Balkon mit Blick zum Wald.

Hmmm, Kalifornien ist doch irgendwie sehr nett...

Nach einer Woche Wandern und Baden und fahren am 1. Juli wieder zurück nach Stockton. Laut der ersten Prognose sollte unser Blauer nun fertig repariert sein.

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USA - 4th of July, Independece Day

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USA – Arizona - Face the changes.